Das Streitschlichterprogramm
Aber warum sollen die Schüler nicht lernen, Konflikte untereinander und selbstständig zu lösen?
Aber warum sollen die Schüler nicht lernen, Konflikte untereinander und selbstständig zu lösen?
„Es gibt keinen Weg zum Frieden, wenn nicht der Weg schon Frieden ist.“ (Martin Luther)
Die Entwicklung
Schule hat sowohl einen Unterrichts- als auch einen Erziehungsauftrag: Der zweite Bereich, Erziehung, hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen und wurde eigenen Vorhaben weiterentwickelt. Im Sinne des Leitzieles, nicht nur die Selbstständigkeit im Lernen, sondern auch im Handeln und Umgang miteinander zu fördern, wurde „Hören“ im Sinne von Zuhören und „Kommunikation“ im Sinne von „auch bei Streit miteinander kommunizieren und nach Lösungen suchen“ seit 2005 zum Thema. Schüler sollten lernen, in Situationen zu agieren, in denen sie aufgrund Ihrer Behinderung benachteiligt sind. Aus dieser Idee entstand das Programm der Streitschlichtung, das die Zwistigkeiten der Schüler untereinander auf eine Ebene trägt, die von den Schülern weitgehend selbst verwaltet und gesteuert werden kann. Hier wurden externe Experten in die Schule geholt, denen es gelungen war, das Konzept der Streitschlichtung, das konzeptionell auf Rede- und Verstehenskompetenzen bei Schülern setzt, in den besonderen, oft „spracharmen“ Bereich der Hörgeschädigten zu übertragen. Insgesamt drei Kolleginnen (anfangs zwei und später eine weitere) wurden gezielt als Mediatorinnen ausgebildet und haben das Konzept in der Schule etabliert. Die Umsetzung des Konzeptes hat auch Lehrer befähigt, anders mit Konflikten unter Schülern umzugehen. Das Einnehmen einer neutralen Haltung ohne Parteinahme wird deutlich erleichtert und entspannt die Rollenwahrnehmung der Schüler.
Jedes Jahr werden seitdem in Klasse 9 Streitschlichter ausgebildet. Diese kümmern sich um die kleinen Auseinandersetzungen unter Schülern. Die Fähigkeiten dazu werden schon im Grundschulalter in festgelegten Modulen systematisch aufgebaut und trainiert.
Um vorweg schon mal eine Vorstellung zu vermitteln, sind im Folgenden einige wichtige Prinzipien des Konzeptes stichpunktartig aufgelistet:
• | Die Schüler lösen selbstständig ihre Konflikte. | |
• | Die Lehrer sind nicht daran beteiligt. | |
• | Es gibt keine Schuldzuweisung. | |
• | Es gibt keine Gewinner und Verlierer. | |
• | Die Schüler kommen weg von der Schuldsprache zur Kausalsprache. | |
• |
Es soll das Problem und nicht die Person „bekämpft“ werden.
|
• | Freiwilligkeit | |
• | Bereitschaft sich zu verständigen und gemeinsam Lösungen zu suchen | |
• | dem Gegenüber trauen | |
• |
den Anderen respektieren
|
• | keine Einmischung | |
• | Lösungswege der Streitenden akzeptieren | |
• | Grundhaltungen der Streitschlichtung (siehe oben) verkörpern | |
• | Zeit für Schlichtungsgespräche gewähren |
Ausgangslage
Konflikte und Streit gehören überall zum Alltag, auch in unserer Schule. Konflikte können nicht negiert werden. Entscheidend ist jedoch die Frage, wie mit Konflikten umgegangen wird. Früher war es so, dass Konflikte der Schüler im Wesentlichen mit der Erwartung an die Lehrer herangetragen wurden, Abhilfe zu leisten.
Dies überfordert nicht nur die Kapazität der Lehrkräfte. Hier geht auch mindestens eine Partei als Verlierer heraus. Die Maßnahmen, meist an Sanktionen gekoppelt, werden dem Kern des Konfliktes und oft auch dem Gerechtigkeitsempfinden der Konfliktparteien nicht gerecht. In der Folge findet der Streit oftmals seine Fortsetzung.
Diese Art und Weise des Umgangs mit Streit zwischen Schülern kollidiert zudem mit dem Leitbild der Schule, das die Entwicklung zur selbstständigen und selbstverantwortlichen Persönlichkeit zum Ziel hat. Die Verantwortung für eine Konfliktregelung wird hier abgewälzt. Es werden weder eine konstruktive Streitkultur noch Selbstständigkeit und Selbstverantwortlichkeit bei den Schülern entwickelt.
Inhalt des Streitschlichterprogramms
Streitschlichtung ist ein Weg, eine Kultur der Achtung, Akzeptanz, Gewaltlosigkeit, Kommunikation, Kooperation, (Selbst-)Verantwortung, Selbstständigkeit und Mitbeteiligung in Schule zu entwickeln. Dabei dient sie zugleich auch der Entlastung der Lehrkräfte im Schulalltag.
Die Regelung von Konflikten wird in die Verantwortung der Schüler gegeben.
Mediation ist eine Form der Konfliktregelung, bei der die Parteien unter Mithilfe eines außenstehenden allparteiischen Vermittlers ihre Interessengegensätze einvernehmlich zu lösen und zu überwinden versuchen.
Mediation versteht sich hier als kooperatives Verfahren, bei dem die Vermittler keine Entscheidungsbefugnis haben. Sie sind für den Ablauf, den Prozess verantwortlich. Dieser geschieht auf freiwilliger Basis aller Beteiligten. Beide Seiten haben Gewinn.
Umsetzung
Dieses Konzept wurde auf der Grundlage des Bensberger-Mediations-Modell (BMM) an unserer Schule verwirklicht. Die Umsetzung erfolgt auf den Ebenen Personal, Unterricht und Organisation (siehe Schaubild).
Evaluation
Das Konzept wurde im Schuljahr 2007/08 evaluiert. Als Mittel der Evaluation wurde zunächst die Beobachtung der Implementierung und Entwicklung des Programms auf verschiedenen Ebenen sowie die Rückmeldung durch Schüler, Kollegen und Eltern genutzt.
Leitende Fragestellungen waren dabei folgende:
Wird die Streitschlichtung von den Schülern angenommen?
Welche Auswirkungen hat die Streitschlichterausbildung auf den einzelnen Schüler und die Ausbildungsgruppe insgesamt?
Findet die Streitschlichtung Akzeptanz bei den Kollegen?
Wurden die organisatorischen Rahmenbedingungen realistisch eingeschätzt?
Reichen sie aus?
Updaten sie ihren Browser um diese Webseite richtig betrachten zu können.