Moritz-von-Büren-Schule

LWL-Förderschule Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation Büren

Frühförderung

1   Die Entwicklung

Die Frühförderung hat sich schon seit Langem an den Schulen für Hörgeschädigte etabliert, auch wenn sie erst im Jahre 2005 im Schulgesetz verankert wurde. Das Wissen um den natürlichen Spracherwerb hörender Kinder und die Wichtigkeit einer guten Bindung zwischen Eltern und Kind führte zur Notwendigkeit einer frühen Unterstützung hörgeschädigter Kinder und ihrer Eltern ab dem dritten Lebensmonat.

Im Zusammenhang mit dem Schulneubau und der Errichtung der Beratungsstelle wurde entschieden, die Aufgaben der Lehrkräfte der Moritz-von-Büren-Schule anders als bisher zu verteilen. Während früher der Großteil der Lehrkräfte sowohl Unterricht in der Primar-/Sekundarstufe leistete als auch im Außendienst (Frühförderung und/oder Gemeinsames Lernen) tätig war, konzentriert sich seitdem die Aufgabe eines Lehrers in der Regel auf vorrangig ein Arbeitsfeld (Schule/Unterricht oder Frühförderung/Gemeinsames Lernen). Eine bessere Professionalisierung und Kontinuität in der Arbeit waren vorrangige Gründe für diese Entscheidung.

Das neu entstandene Team der Frühförderung begann umgehend mit konzeptionellen Überlegungen, die im Laufe der Jahre weiterentwickelt wurden und werden. Eine besondere Herausforderung war und ist es für die Teammitglieder, in immer wieder neuen Teamkonstellationen in einem sich kontinuierlich vergrößernden Team zusammenzuarbeiten. 

  • Weiterbildungen, Gespräche und eine Supervision in den Schuljahren 2008/09, 2011/12 und 2013/14 mit Frau Cornelia Tsirigotis, Hörgeschädigtenpädagogin mit langjähriger Erfahrung in der pädagogischen Frühförderung hörgeschädigter Kinder und systemische Familientherapeutin, halfen und helfen dem Team der Frühförderung eine eigene Arbeitsphilosophie zu entwickeln bzw. diese weiterzuentwickeln.
  • Das starre Zeitkontingent der Frühfördereinheiten wurde im Schuljahr 2006/07 in Richtung eines Stundenpools verändert. Die Arbeit mit dem hörgeschädigten Kind und seinem Umfeld zeigte immer deutlicher, dass Frühförderung dort am besten gelingt, wo sich das pädagogische Handeln am Förderbedarf des hörgeschädigten Kindes und am Beratungsbedarf seines Umfeldes orientieren kann.
  • Neben der Förderung des hörgeschädigten Kindes sowie der Beratung der Eltern, Erzieherinnen und Integrationskräfte wurde die Arbeit in multiprofessionellen Teams in Form von „Runden Tisch-Gesprächen“ (Pädaudiologen, Pädakustiker, Logopäden, Ergotherapeuten, …) etabliert.
  • Spezielle Angebote für Familien sowie Erzieher hörgeschädigter Kinder wurden entwickelt, umgesetzt, evaluiert und weiterentwickelt (Schuljahr 2006/07, 2008/09,  2013/14).
  • Im Schuljahr 2006/07 wurden Absprachen zur teaminternen Zusammenarbeit (Konferenzen, Teamsitzungen, …) getroffen.
  • Regelmäßig werden Förderpläne und Entwicklungsberichte geschrieben. Das Team hat im Schuljahr 2006/07 eine eigene Maske für die Förderpläne entwickelt und beschäftigte sich intensiv mit der Förderdiagnostik (2006/07, 2009/10). Für den Bereich der Gesamtentwicklung wird auf informelle und standardisierte Testverfahren zurückgegriffen (z. B. Kiphard, Sinnhuber, PERM, AWST-R, SETK 3-5, …). Für die Bereiche „Hören“ und „Kommunikation“ wurden neben der Anschaffung standardisierter Testverfahren eigene Tabellen (Schuljahr 2006/07) entwickelt.
  • Für die Beratung wurden in den Schuljahren 2006/07 und 2007/08 vielfältiges Anschauungsmaterial, ein Beratungsordner und Literatur zusammengestellt. Die Materialien werden regelmäßig ergänzt und aktualisiert.
  • Für die konkrete Förderung wurden diverse Fördermaterialien angeschafft. Sie werden regelmäßig ergänzt.
  • Das Team nimmt regelmäßig an Weiterbildungen teil. Das erworbene Wissen wird den Kolleginnen auf den Frühfördergesamtkonferenzen weitervermittelt und in einem eigenen Weiterbildungsordner gesammelt. Die Kolleginnen der Frühförderung stellen sich gegenseitig lesenswerte Literatur vor.
  • Die Kolleginnen der Frühförderung setzen sich bei Bedarf zusammen, um sich über Fallbeispiele auszutauschen und sich gegenseitig zu beraten.
  • Mittels Elternbefragungen wurden und werden besondere Bedarfe der hörgeschädigten Kinder und ihrer Familien ermittelt. So zeigte sich im Schuljahr 2007/08, dass für elf hörgeschädigte Kinder der gewählte Förderort langfristig nicht den Bedürfnissen (Raumakustik, Kommunikationsform, …) entsprechen konnte. Dies war die Geburtsstunde des Förderschulkindergartens der Moritz-von-Büren-Schule).Zwölf Familien haben im Schuljahr 2013/14 Interesse an einer speziellen Vorschulgruppe für hörgeschädigte Kinder bekundet. Diese gilt es zeitnah zu realisieren.
  • Es wurde im Schuljahr 2012/13 ein Zeitplan für die Beratung im Zusammenhang der Einschulung besprochen und es wurden Absprachen zur Gutachtenerstellung nach AO-SF getätigt. Die Unterlagen wurden in einem Ordner zusammengestellt.
  • Den Kolleginnen der Frühförderung ist die Vernetzung mit den anderen Abteilungen der Moritz-von-Büren-Schule sehr wichtig. So gibt es eine enge Zusammenarbeit mit den Kolleginnen des Förderschulkindergartens, mit den Kolleginnen der Eingangsklassen und mit den Kolleginnen, die im gemeinsamen Lernen tätig sind, im Hinblick auf die Schullaufbahnberatung. Es gibt Absprachen zu den Inhalten im letzten Kindergartenjahr (Schuljahr 2010/11, 2013/14).
  • Dem Team der Frühförderung ist Öffentlichkeitsarbeit wichtig, damit Eltern nach der Diagnose Hörschädigung zeitnah durch die Frühförderung aufgefangen werden können (2006/07: 100jähriges Bestehen der Meinwerkschule, 2007/08: Hörmesse in Beverungen, 2009/2010: 1. Kinderhörtag in Bad Lippspringe, Auslage und Verschicken von Flyern, Vernetzung).
  • Seit dem Schuljahr 2006/07 einigt sich das Team zum Schuljahresende auf ein zu evaluierendes Thema. Eine Kleingruppe bereitet die Evaluation vor, führt sie durch und wertet sie aus.

Zurzeit beschäftigt sich das Team der Frühförderung mit dem Erstellen von Minimalplänen und der vertiefenden Bearbeitung der Kommunikationsförderung hörgeschädigter Säuglinge, Kleinkinder und Kinder mit und ohne Zusatzbehinderungen.

 

2  Das Konzept

Rechtliche Grundlagen der Frühförderung

Die pädagogische Frühförderung basiert auf folgenden rechtlichen Grundlagen:

  • Schulgesetz §19(5):

Kinder mit einer Hör- oder Sehschädigung werden auf Antrag der Eltern in die pädagogische Frühförderung aufgenommen. Sie umfasst die Hausfrüherziehung sowie die Förderung in einem Förderschulkindergarten als Teil der Förderschule, in einem Sonderkindergarten oder in einem allgemeinen Kindergarten mit sonderpädagogischer Unterstützung durch die Förderschule. Über die Aufnahme in die pädagogische Frühförderung entscheidet die Schulaufsichtsbehörde auf Antrag der Eltern, nachdem sie ein medizinisches Gutachten der unteren Gesundheitsbehörde eingeholt hat.

  •  Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung (AO-SF):

§20 Pädagogische Frühförderung hör- und sehgeschädigter Kinder, Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für Kranke (Ausbildungsordnung gemäß §52 SchulG – AO-SF), (Ausbildungsordnung sonderpädagogischer Förderung) (Bezeichnung ab 1.8.2013) vom 29. April 2005, zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. November 2012, (SGV. NRW.223) 

  • Richtlinien zur pädagogischen Frühförderung an Schulen für Gehörlose und Schulen für Schwerhörige in Nordrhein-Westfalen, 1985
  • Richtlinien für den Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation (Entwurf), Stand 2001

 

Unsere Arbeitsphilosophie

Mit der Realisierung des Schulneubaus entstand der Wunsch des Kollegiums, die inhaltlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen der pädagogischen Frühförderung zu verändern.

Aktuelles Wissen über kindliche Entwicklungsprozesse unter besonderer Berücksichtigung der Hör-, Kommunikations- und Persönlichkeitsentwicklung eines hörgeschädigten Kindes und die Eltern-Kind-Beziehung nach der Diagnose „Hörschädigung“ sowie eine systemisch-lösungsorientierte Elternberatung sollten die pädagogische Frühförderung bestimmen.

Mehrere Weiterbildungen mit Frau C. Tsirigotis, Hörgeschädigtenpädagogin mit langjähriger Erfahrung in der pädagogischen Frühförderung hörgeschädigter Kinder und systemische Familientherapeutin, halfen dem Team der Frühförderung eine Arbeitsphilosophie mit folgenden Schwerpunkten zu entwickeln:

Orientierung an den Ressourcen des Kindes sowie aller an seiner Förderung Beteiligten

Berücksichtigung des Empowerments, d.h. die Stärkung von Autonomie und Selbstbestimmung des Kindes und seiner Bezugspersonen

Aufbau und Stärkung der Eltern-Kind-Beziehung

 

Inhalte und Ziele:

Folgende inhaltliche Schwerpunkte bilden die Grundlage der pädagogischen Frühförderung der Moritz-von-Büren-Schule:

  • Förderung der Hör- und Kommunikationsfähigkeit
  • Förderung der Identität als hörgeschädigtes Kind
  • Förderung der kindlichen Gesamtentwicklung
  • Beratung von Eltern und Erzieherinnen

Unser langfristiges Ziel ist, die Familien bedürfnisorientiert darin zu unterstützen, ihr hörgeschädigtes Kind zu begleiten, damit es sein Leben eigenverantwortlich führen kann.

 

Individuelle Ziele im Zusammenhang der Förderung der Hör- und Kommunikationsfähigkeit, der Förderung der Identität als hörgeschädigtes Kind und der Förderung der kindlichen Gesamtentwicklung haben wir in altersspezifischen Minimalplänen zusammengefasst.

 

Organisatorische Rahmenbedingungen der Frühförderung:

Die Frühförderung der Moritz-von-Büren-Schule ist gekennzeichnet durch folgende organisatorische Rahmenbedingungen und Arbeitsschwerpunkte:

  • Aufnahme in die FF:
    • Die Eltern melden sich bei der Ansprechpartnerin der Beratungsstelle für den vorschulischen Bereich bzw. die Ansprechpartnerin meldet sich bei den Eltern, wenn sie durch einen Arztbrief oder den Anruf einer Pädakustikerin, Logopädin, … über ein hörgeschädigtes Kind informiert wurde.

    • Die Eltern werden mit ihrem hörgeschädigten Kind zu einem Aufnahmegespräch in die Beratungsstelle eingeladen. Die Ansprechpartnerin ermittelt durch Beobachtungen und einen selbstentwickelten Fragebogen (bei älteren Kindern durch das Durchführen informeller und standardisierter Tests, (AWST-R, MSS, TROG-D, SETK 3-5, HVS)) den Stand der auditiven sowie der kommunikativen Entwicklung. Sie stellt Fragen zur Gesamtentwicklung des Kindes bzw. lässt sich Berichte von weiteren Untersuchungen (SPZ, Reha-Maßnahmen, …) mitbringen.

    • Die Eltern füllen ein Formblatt aus, mit dem sie die Aufnahme ihres Kindes in die pädagogische FF beantragen.

    • Die Ansprechpartnerin für den vorschulischen Bereich verfasst einen Bericht, den sie mit den Facharztberichten des Kindes an das zuständige Gesundheitsamt schickt. Die Ärzte des Gesundheitsamtes prüfen die sachliche Richtigkeit der vorgelegten Berichte und bestätigen dies auf einem Formblatt.

    • Nach Erhalt des Formblattes bittet die Ansprechpartnerin für den vorschulischen Bereich die entsprechende Bezirksregierung unter Vorlage des ausgefüllten Formblattes des Gesundheitsamtes, der Facharztberichte, des elterlichen Antrags auf die Aufnahme in die FF und des selbstverfassten Berichtes um die Aufnahme des hörgeschädigten Kindes in die pädagogische Frühförderung.

    • Die Bezirksregierung Arnsberg teilt der Ansprechpartnerin für den vorschulischen Bereich die Genehmigung der FF schriftlich mit. Die Bezirksregierung Detmold teilt jeweils den Eltern und der Ansprechpartnerin für den vorschulischen Bereich die Aufnahme in die FF schriftlich mit.

    • Nach der Genehmigung durch die jeweilige Bezirksregierung setzt die pädagogische Frühförderung ein.

  • Kinder im Alter von 0-3 Jahren werden meistens im Elternhaus betreut. Je nach Wunsch der Eltern werden Kinder im Alter ab ca. einem Jahr bis zur Einschulung in Regelkindergärten oder heilpädagogischen Kindergärten betreut. Ab dem dritten Geburtstag können die Kinder im Förderschulkindergarten der Moritz-von-Büren-Schule aufgenommen werden.
  • Unsere knapp 90 FF-Kinder werden in der Regel von den schwerpunktmäßig in der Frühförderung tätigen Kolleginnen betreut. Die FF-Kolleginnen haben einen Stundenpool zur Verfügung, den sie auf der Grundlage des Förderbedarfes des hörgeschädigten Kindes sowie des Beratungsbedarfs seiner Eltern und Erzieherinnen einsetzen. So wird ein Kind mit einem hohen sonderpädagogischen Förderbedarf Hören und Kommunikation zweimal pro Woche für einen Zeitumfang von 45–60 Minuten gefördert. Kinder mit einem geringeren sonderpädagogischen Förderbedarf Hören und Kommunikation werden in einem geringeren Umfang (1mal pro Woche, alle zwei Wochen, 1mal im Monat, alle drei Monate, alle sechs Monate) betreut. Hinzu kommen Elternberatungen, Beratungen der Erzieherinnen und Integrationskräfte, Begleitungen zu Kliniken, Pädakustikern, …, Runde Tisch-Gespräche sowie Hospitationen in Kindertagesstätten.

 

  • Förderplan:
    • Der Förderbedarf des hörgeschädigten Kindes wird in einem Förderplan festgehalten, evaluiert und fortgeschrieben. Der Förderzeitraum orientiert sich an den Förderbedürfnissen des Kindes sowie am Beratungsbedarf seines Umfeldes.
    • Grundlage des Förderplanes bilden Beobachtungen und Ergebnisse im Rahmen der Förderdiagnostik durchgeführter informeller (Kiphard/Sinnhuber,  PERM, MSS) sowie standardisierter (AWST-R, TROG-D, SETK 2, SETK 3-5, HVS) Testverfahren.
    • Der Förderplan besteht aus drei Teilen: Deckblatt mit Audiogramm, Übersicht über die Gesamtentwicklung des Kindes und den Beratungsbedarf des Umfeldes sowie einer Förderplan-Tabelle mit 2-3 vordringlichen Förderzielen, adäquaten Fördermaßnahmen und einer Evaluation.
  • Zum Schuljahrsende wird für das jeweilige hörgeschädigte Kind ein individueller Entwicklungsbericht erstellt. Der Entwicklungsbericht soll die Beschreibung der Entwicklung des Kindes in folgenden Bereichen beinhalten: Fein- und Grobmotorik, Hören, Sprache/ Kommunikation, visuelle Wahrnehmung, soziale und emotionale Entwicklung und Zusammenarbeit mit Eltern/Kindergarten.
  • Bei Bedarf findet ein interdisziplinärer Informationsaustausch (Ärzte, Therapeuten, …) statt.
  • Neben der konkreten Förderung und Beratung bieten die FF-Kolleginnen regelmäßige Angebote an:
    • Zwei Workshops für Eltern im Schuljahr zu spezifischen Themen des Förderschwerpunktes Hören und Kommunikation.
    • Ein Lauschbärenfest für die gesamte Familie pro Schuljahr.
    •  Erzieherinnenweiterbildung (alle zwei Jahre)
  • Die FF-Lehrerinnen treffen sich im Abstand von ca. vier Wochen zur FF-Konferenz und bei Bedarf zu Teambesprechungen.

 

Methodisch-didaktische Vorgehensweise im Rahmen der Förder- und Beratungstätigkeit

Die Kommunikationsförderung hörgeschädigter Säuglinge, Kleinkinder und Kinder mit und ohne Zusatzbehinderungen wird zurzeit vom Team der Frühförderung vertiefend erarbeitet.


Im Zusammenhang der Beratungstätigkeit wurde ein Beratungsordner und Anschauungsmaterial (Ohrmodell, Hörgeräte, Koffer mit Cochlea Implantaten, FM-Anlagen, …) zusammengestellt.

 

Fortbildungsplanung

Das Team der Frühförderung hat sich auf folgende Maßnahmen zur Weiterbildung verständigt:

  •  regelmäßige Treffen des FF-Teams zur Einarbeitung in die ausgewählten Zielfelder
  • Eigenstudium durch geeignete Fachbücher
  • Teilnahme an Weiterbildungen

 

Evaluation

Am Ende eines jeden Schuljahres wird teamintern ein Evaluationsthema festgelegt. Das ausgewählte Thema wird von einer Kleingruppe vorbereitet und mit dem gesamten Team durchgeführt.

Inhalte der Evaluation waren bislang interne Rahmenbedingungen, aber auch eine Abfrage zur Zufriedenheit der Eltern mit den Angeboten sowie eine Reflektion des Teams zu unseren bisherigen Angeboten.

 

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